Abfall & Nährstoffmanagement

Abfall & Nährstoff-
management

Inhalt

Illustration Mülltonnen, Weltkugel
gelbes Häusschen aus Holz mit Aufschrift 'come donate your p'
zwei Personen unterhalten sich an Mülltonnen, wo der jeweilige Abfall reinmuss
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1. Allgemein & Problemstellung

Wusstest du, dass…

… 2021 in Deutschland rund 13 % aller Materialien in Kreisläufen geführt wurden? Für diesen Anteil mussten also keine neuen Rohstoffe gefördert werden. In Ländern mit einer bereits fortgeschritteneren Kreislaufwirtschaft wie den Niederlanden lag die Quote bei 33 %.32

Richtig genutzt, wird Abfall also immer wieder zu Nährstoff und kann als Ressource für etwas Neues verwendet werden. Das Problem: Die meisten Produkte heute sind nicht dafür geschaffen, in Kreisläufen zu zirkulieren. Sie werden also irgendwann automatisch zu Müll: ob im Alltag oder auf Großveranstaltungen.

Auf einem Festival entstehen im Schnitt 1,5 Kilogramm Müll pro Person pro Tag. Hochgerechnet auf 80.000 Personen auf einer Wiese erzeugt das riesige Müllberge. Allerdings sind 1,5 Kilogramm Müll nur 200 Gramm mehr, als wir durchschnittlich in unserem Alltag erzeugen. Aber: Zuhause achten wir viel bewusster auf Mülltrennung – und haben zudem ein mehr oder weniger funktionierendes Abfallmanagementsystem.33

Fazit: Je größer die Veranstaltung, desto mehr und desto sichtbarer ist der vor Ort anfallende Müll – und desto komplizierter ist die Trennung, auch unter Einbeziehung aller Beteiligten, vor und hinter der Bühne. Gleichzeitig ergibt sich hier ein großes Potenzial, Müll zu vermeiden und Abfälle als Ressourcen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zu verstehen.

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Person an silberner Anlage, drückt Knöpfe
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2. Unsere Messlatte für Labor Tempelhof

Beim Projekt Labor Tempelhof wurde versucht, überall wo möglich, Abfall als Nährstoff für etwas Neues zu betrachten und nicht als wertlosen Müll. Das gelingt heute leider noch nicht in allen Bereichen, daher mussten wir uns an dieser Stelle auch mit einem guten Abfallmanagementsystem befassen, um den entstehenden Müll möglichst genau in unterschiedliche Fraktionen trennen zu können.

  • So viele kreislauffähige Produkte wie möglich im gesamten Projekt einsetzen: In der Produktion der Konzerte, im Publikumsbereich, aber auch bei den weiteren Projektbausteinen.
  • Wo zwangsläufig Abfall entsteht: So trennen, dass Wiederverwendung, Recycling, Kompostierung möglich ist. Müll vermeiden.
  • Kreislaufführung von Lebensmittelresten durch Vor-Ort-Kompostierprojekt und industrielle Kompostierung. Kreislaufführung von Nährstoffen aus festen und flüssigen Reststoffen in den Toiletten, um Phosphor-Dünger und Humus herzustellen.
  • Im Idealfall: Überall Mehrweggeschirr und -becher mit Pfandsystem, um Einwegabfälle zu vermeiden.
  • Sichtbarkeit, Bildung und Gamification: Gut platzierte, sichtbare Abfallstationen mit einfacher und verständlicher Beschilderung und idealerweise spielerischen Elementen. Richtige Mülltrennung soll so einfach wie möglich gemacht werden.

3. Was lief gut, was geht besser?

Beim Labor Tempelhof wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um das Thema Abfall, Kreislaufwirtschaft und Ressourcenrückführung abzudecken:

Entsorgungskonzept Publikumsbereich:

Was lief gut?

  • Erstellung eines umfangreichen Abfallkonzepts in Zusammenarbeit mit Remondis. Die Trennkategorien vor Ort im Infield für das Publikum unterteilten sich in:  Speisereste, Restmüll, PET-Flaschensammlung, biologisch abbaubares Einweggeschirr.
  • Vorab-Kommunikation an das Publikum via Webseite und Ticket, welche Materialien mit auf das Gelände gebracht werden dürfen.
  • Bewusstseinsschaffung vor Ort durch 25 personell betreute Abfallstationen (sogenannte Nährstoffinseln). Freiwillige Botschafter*innen von C2C NGO betreuten die Abfallstationen in den Stoßzeiten, um Fehlwürfe zu minimieren und das Publikum über richtige Mülltrennung und das Kreislaufkonzept/C2C-Ziel der Konzerte aufzuklären.
  • Mehrwegpfandbecher für Getränke.
  • Bildungsprojekt: 24-Stunden Direktkompostierungsanlage in der kleine Mengen vegane Speisereste zu Kompost verwertet wurden. 
  • Einsatz von biologisch abbaubarem Einweggeschirr aus Mono-Material als Alternative zu Mehrweggeschirr. Testversuch mit dem Komposttoilettenhersteller Finizio und dem Forschungsprojekt ZirkulierBar zur Kompostierbarkeit des biologisch abbaubaren Einweggeschirrs. 
  • Briefing des Gastro-Dienstleisters zum Abfallkonzept zur weiteren Kommunikation an die Food-Stände.

Was geht besser?

  • Zu viele Materialien landeten fälschlicherweise im Restmüll, die Fehlwurfquote an den “Nährstoffinseln” hätte insgesamt noch niedriger ausfallen können.
  • Nur PET-Flaschen auf dem Gelände zulassen, keine Tetrapacks, da diese nicht recycelbar sind. 
  • Einsatz von Mehrweggeschirr als kreislauffähige Lösung.
  • Koordination des Abfallaufkommens unmittelbar vor dem Konzertgelände. Der Anteil mitgebrachter Glas-/Pfandflaschen wurde unterschätzt.

Entsorgungskonzept Produktion, Gastronomie & Merchandise:

Was lief gut?

  • Erstellung eines umfangreichen Abfallkonzepts in Zusammenarbeit mit Remondis. Die Trennkategorien im Backstage-/Produktionsbereich waren: 
    • Gastronomie: PPK (Papier, Pappe, Karton), Gelber Sack, Glas, Lebensmittelabfälle und Altfett, Restmüll.
    • Produktion: PPK, Gelber Sack, Glas, Restmüll.
    • Merchandise: Restmüll, PPK.
    • Unmittelbar vor dem Veranstaltungsgelände: Glas, Restmüll.
  • Gewerbehof vor Ort mit personeller Betreuung und mehreren Müllpressen.
  • Trennung im Gewerbehof in neun Kategorien: 
    • Restmüll, Wertstoffe, Bioabfall, PPK, Glas (weiß/bunt), Speisereste, Altfett, kompostierbarer Abfall, Holz. 
  • Erfassung der Materialien und Stoffströme, anschließende Auswertung und Übersicht durch Remondis.

Was geht besser?

  • Persönliches Gespräch/Rundgang mit Mitarbeitenden in Produktion, Food-Ständen und sonstigen Dienstleister*innen zum Abfallkonzept und den zu trennenden Materialien statt nur schriftliches Briefing.
  • Bessere Beschriftung der Tonnen im Backstage-/Produktionsbereich. 
  • Mehrweg-Kaffeebecher im Backstage-Bereich wurden teils entsorgt oder nicht mehr zurückgebracht (Schwund von knapp 30 %). Stärkerer Fokus auf selbst mitgebrachte Mehrwegbecher oder personalisierte Becher vor Ort.
  • Durchgehend personelle Betreuung des Wertstoffhofes notwendig, um eine sortenreine Trennung zu gewährleisten. 
  • Kein zusätzliches Müllaufkommen durch die Wahl der Einlassbändchen.

4. Erkenntnisse & Empfehlungen

  • Abfallkonzept im Publikumsbereich und im Backstage-/Produktionsbereich war sehr umfassend und wurde im Publikumsbereich von einem Bildungskonzept begleitet. Insgesamt wurden durch das Abfallkonzept rund 4,9 Tonnen CO₂ eingespart. Dennoch lassen sich auch durch das beste Abfallkonzept die strukturellen Probleme im Bereich Müllentsorgung nicht beheben oder Fehlwürfe komplett vermeiden.
    • Publikumsbereich: Ausschließlich das Mitbringen von vollständig recycelbaren Materialien zulassen (z.B. PET-Flaschen), da diese gut gesammelt und gut im Kreislauf geführt werden können. Nicht recycelbare Produkte wie Tetrapacks nicht zulassen. Diese Maßnahmen müssen vorab gut und in der Breite an das Publikum kommuniziert werden. Denn je weniger problematische Materialien auf die Veranstaltung gelangen, desto besser greift das Abfallkonzept.  
    • Backstage/Produktion: Alle Gewerke sollten vorab genau informiert werden, welche Materialien/Produkte kreislauffähig sind und welche Materialien vermieden werden sollen. Das kann durch individuelle Gespräche, Briefings, Materiallisten, Nachhaltigkeitsgrundsätze etc. geschehen und liegt in der Verantwortung der Veranstaltenden und des Venues. Alle Mitarbeitenden über die Ansprüche an die Abfalltrennung ausreichend informieren. Es bietet sich an, in jedem Gewerk eine feste Ansprechperson für dieses Thema zu haben. Es bietet sich auch an, alle involvierten Gewerke vor Ort für etwaige Rückfragen zum Abfallkonzept mit dem Entsorgungsdienstleister zu verknüpfen. 
    • Beim Abfallkonzept den Außenbereich vor dem Einlass immer mitdenken und das dortige Abfallaufkommen an Glasflaschen, Pfandflaschen, PET-Flaschen und Tetrapacks nicht unterschätzen. Neben jeder Glastonne sollte auch eine Restmülltonne mit ordentlicher Beschriftung und farblicher Trennung platziert werden.
    • Je besser die Abfallstationen im Publikumsbereich und im Backstage-/Produktionsbereich beschriftet sind (durch Schrift, Farben, Piktogramme auf Augenhöhe…), desto besser funktioniert die Mülltrennung. 
    • Wenn die Abfallstationen personell betreut sind, sinkt die Fehlwurfquote weiter. Es kann sich lohnen, das Abfallkonzept im Publikumsbereich mit einem Bildungskonzept zu kombinieren, wenn dies personell möglich ist. Hier können auch NGOs zur Unterstützung angefragt werden.
    • Beim Abfallkonzept auf eine strategisch kluge Positionierung und Sichtbarkeit der Tonnen achten. Zum Beispiel in der Nähe der Gastro-Stände und markiert durch hohe Fahnen.  
    • Im Gewerbehof: Durchgehende Betreuung gewährleisten, um Fehlwürfe auszuschließen. Wenn kein qualifiziertes Personal vor Ort ist, den Gewerbehof schließen. 
    • Zigarettenstummel sollten separat gesammelt werden, es gibt dafür am Markt Sammelsysteme mit Gamification-Elementen. 
    • Abfalltrennung und das Entsorgungssystem in Deutschland sind sehr komplexe Themen. Mehr als die aus Haushalten bekannten Tonnen/Müllfraktionen überfordern die Menschen, zeigt unsere Erfahrung aus dem Projekt. Gleichzeitig führt eine feinere Mülltrennung zu einer besseren Entsorgung und damit zu einer besseren Klima- und Ressourcenbilanz. 
    • Durch eine Auswertung der Abfallmengen im Anschluss an die Veranstaltung können wichtige Schlüsse für die Verbesserung des Abfallkonzepts bei Folgeveranstaltungen gezogen werden.

  • Die Frage, wie viel Abfall aus dem Bereich Gastronomie entsteht, hängt direkt mit der Frage zusammen, wie Speisen und Getränke ausgegeben werden.
    • Priorität sollte immer auf einem Mehrwegsystem liegen.
    • Mehrwegsysteme für Geschirr müssen sehr frühzeitig und unter Einbeziehung aller Dienstleister*innen geplant werden.
    • Eine Art Müllpfand im Gastro-Bereich kann dazu beitragen, die Gastronomie-Stände zur Mülltrennung zu motivieren.

  • Zusätzliches Müllaufkommen entsteht oft an Stellen, die man vorab kaum auf dem Schirm hat. Nicht jede gut gemeinte Lösung ist aus Ressourcen- und Klimasicht auch wirklich gut.
    • Bei Einlassbändchen aus Papier mit Klebestreifen fällt die Abdeckfolie des Klebestreifens als Müll an. Das muss an den Ausgabestellen mitgedacht und eingesammelt werden, sonst landet dieser Abfall in der Umwelt.  
    • RFID-Chips in Festivalbändchen sind Elektroschrott und somit Sondermüll – weswegen eine getrennte Sammlung und Aufbereitung notwendig ist.

5. Kontakte Dienstleister*innen

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Persone stehen um Müllinseln
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6. Weitere Inspiration aus der Branche

Das Futur2 Festival in Hamburg (Kapazität 5.000) hat ein striktes Nachhaltigkeitskonzept und produziert – nach dem Aussortieren von recyclingfähigem Material wie Glasflaschen –  lediglich 36g Abfall pro Tag pro Besucher*in. Ziel des Festivals ist es, 100 % müllfrei zu werden. Jedoch muss erwähnt werden, dass beim Futur2 Festival kein Campinggelände vorhanden ist und so das Müllaufkommen generell geringer ist als bei mehrtägigen Festivals mit Camping-Bereich.34

Das Roskilde Festival (Kapazität 130.000) verwendet seit 2022 teils vorinstallierte Zelte, um den Abfall zurückgelassener Camping-Ausrüstung zu vermeiden. Zudem werden großangelegte Kommunikationskampagnen wie “Leave No Trace Behind” (Keine Spur zurücklassen) oder “Clean Out Loud Camp” (Sauber & Laut Campingplatz) umgesetzt. Der Fokus liegt auf einfacher und richtiger Entsorgung.35

Der Evangelische Deutsche Kirchentag (Kapazität: circa 300.000) setzt seit den 1980er-Jahren konsequent auf Mehrweg und vermeidet so jährlich 280.000 Einwegplastikbecher, -teller und -besteckteile. Alle eingesetzten Teile sind mit einem Pfandsystem versehen und werden vom Mehrwegdienstleister entweder vor Ort gespült oder zum Hersteller zurück transportiert, wenn der Kirchentag logistisch nah genug am Spülzentrum stattfindet.36

H.I.T.-Dünger

Humusdünger aus Inhalten von Trockentoiletten.

NPK-Dünger

Flüssigdünger, der die Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K) enthält.

900 Tonnen CO₂-Emissionen

Das entspricht entweder 900 Flügen von Frankfurt nach New York oder 297.000 Kilometer Fahrt mit einem Benzin-Auto.

CO2-Streamer

Vorrichtung, bei der CO₂ in die Luft geschleudert wird, wodurch weißer Nebel entsteht.

C2C-Qualität

Das bedeutet, dass wir bei der Beschaffung Produkte priorisiert haben, die C2C entsprechen und damit materialgesund und kreislauffähig sind. Ein Beispiel dafür waren PVC-freie Banner.

Textilien in Cradle to Cradle-Qualität

Das bedeutet, dass die Textilien kreislauffähig und materialgesund sind. Das Textil ist recycelbar und die beim Waschvorgang ausgewaschene Fasern unschädlich für die Umwelt. Neben dem Gewebe sind auch auch Farbstoffe, Druckfarbe und bei der Produktion verwendete Prozesschemikalien auf Materialgesundheit optimiert. Bei der Herstellung werden soziale Standards eingehalten und erneuerbare Energie verwendet.

Textilmaterialien

Ein Großteil aller heute hergestellten und verkauften Kleidungsstücke besteht aus synthetischen Fasern. Alleine Polyester hat einen Marktanteil von rund 50 %. Und auch Textilien aus Naturfasern, also Fasern aus nachwachsenden Rohstoffen, sind in der Regel mit umweltschädlichen Farben gefärbt oder bedruckt. Bei der Herstellung kommen zudem chemische Stoffe, zum Beispiel zur Fixierung der Farben, zum EInsatz, die nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit der Menschen gefährden, die in der Herstellung arbeiten. Ob ein Kleidungsstück also wirklich nachhaltig ist, hängt nicht alleine vom Gewebe ab, sondern auch von allen anderen verwendeten Materialien. Denn bei jedem Waschgang verliert das Kleidungsstück automatisch tausende Mikrofasern, die dann in den Gewässern landen. Und genau dafür müssen diese Fasern dann auch geeignet sein. Das bedeutet: Egal, ob das Gewebe synthetisch hergestellt oder aus Naturfasern ist – es dürfen bei der Textilproduktion ausschließlich Materialien eingesetzt werden, die dafür geeignet sind, dass wir Menschen bei der Herstellung und beim Tragen mit ihnen in Berührung kommen und die biologisch abbaubar sind, wenn sie als ausgewaschene Faser in der Umwelt landen. Nach diesem Prinzip sind C2C-Textilien designt.

Phosphorgewinnung

Ab 2029 sind Kläranlagen – je nach Größe der versorgten Gemeinde – dazu verpflichtet, Phosphor aus Abwasser, Klärschlamm oder Klärschlammasche zurückzugewinen.

C2C Zertifizierung

Die Zertifizierung nach den Kriterien von Cradle to Cradle wird vom Products Innovation Institute (PII) mit Sitz in San Francisco und Amsterdam durchgeführt. Die Organisation zertifiziert Produkte anhand von fünf Kriterien, in denen jeweils vier unterschiedliche Levels erreicht werden können. Das PII und Cradle to Cradle NGO sind voneinader unabhängige Organisationen.

Osmosefilter

In der Anlage wird Grauwasser zunächst auf biologischer Basis gereinigt, dann durch eine Bio-Membranfilter gepresst, die das Wasser beinahe vollständig von Feststoffen, Viren und Bakterien befreit. Der letzte Schritt ist eine Ultrafiltration, die eine nahezu 100%ige Keimfreiheit sichert.

>> weitere Infos zum Osmosefilter

Schwarz- und Grauwasser

Schwarz- und Grauwasser sind unterschiedliche Kategorien von Schmutzwasser. Unter Schwarzwasser versteht man fäkalienbelastetes Wasser. Grauwasser ist gering verschmutztes, fäkalienfreies Wasser, wie Regenwasser oder das Abwasser aus Handwaschbecken.

Euro-Norm

Die Euro-Norm legt als europäische Abgasnorm Grenzwerte für die Emission von Luftschadstoffen fest. Sie werden in Europa von der EU definiert. Die Einhaltung wird bei der Typgenehmigung neuer Fahrzeuge im Labor und bei Lkw und Bussen auch im Realbetrieb gemessen und kontrolliert. Bei Pkw ist seit Januar 2021 Euro 6d die strengste Norm, bei Lkw (über 3,5 Tonnen Euro VI. Während die Abgasnorm Grenzwerte für Kohlenstoffmonoxid, Stickstoffoxide sowie Partikelmasse und -zahl festlegt, sagt sie nichts über die CO2-Emissionen eines Fahrzeugs aus. Diese werden für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in einer gesonderten EU-Verordnung definiert.

Leichte Sprache

Leichte Sprache ist eine einfachere und weniger komplexe Form der Alltagssprache. Die richtet sich an Menschen, denen es schwer fällt, einen Text in Alltagssprache zu lesen oder zu verstehen. In Texten in leichter Sprache kommen beispielsweise keine Fremdwörter oder Abkürzungen vor. Das Regelwerk wird vom Netzwerk Leichte Sprache herausgegeben.

Weichmacher

Sogenannte Weichmacher werden unter anderem Kunststoffen, Lacken, Klebestoffen oder bei der Textilveredelung zugesetzt, um spröde Materialien weich und geschmeidig zu machen. Viele als Weichmacher eingesetzten Stoffe gelten mit Blick auf ihre Wirkung für die Umwelt und die Gesundheit als bedenklich. In Verpackungen können neben Weichmachern auch andere Schadstoffe enthalten sein, die bis zu bestimmten Grenzwerten eingesetzt werden dürfen und die Kreislauffähigkeit des Materials verindern.

PVC

PVC (Polyvinylchlorid) ist ein Kunststoffpolymer und wird als Hart-PVC (Abflussrohre, Fensterprofile, etc.) sowie als Weich-PVC hergestellt. Weich-PVC wird für Bodenbeläge, Folien, Kinderspielzeug, Schläuche, Kabelummantelungen, Dichtungen uvm. eingesetzt und besteht zu bis zu 40 % aus teilweise schädlichen Weichmachern, die bei Produktion und Nutzung der Produkte an Mensch und Umwelt abgegeben werden. PVC ist aufgrund der vielen Zusatzstoffe kaum recycelbar und wird in der Regel verbrannt (thermische Verwertung), wobei giftige Dioxine entstehen.

Canceln

Als Canceln (Cancel Culture) bezeichnet man das Ausschließen von Personen oder Organisationen, denen unter anderem beleidigende, diskriminierende oder rassistische Aussagen oder Taten vorgeworfen werden. Der Begriff wird auch von Personen verwendet, denen dieses Verhalten vorgeworfen wird. Der Begriff und die dahinter stehenden Handlungen werden öffentlich stark diskutiert, siehe hier und hier.

Sir David Attenborough

Sir David Attenborough ist ein britischer Naturforscher, Schriftsteller und Tierfilmer, der vor allem für seine vielfach preisgekrönten Naturdokumentationen bekannt ist.

Social ticketing

Mit social ticketing ist gemeint, dass unterschiedliche Preiskategorien für eine Veranstaltung angeboten werden, angepasst an die jeweiligen finanziellen Verhältnisse.

FLINTA*

FLINTA* steht für: Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen. Der * bezieht als Platzhalter alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten ein.

Wo gehts nach Panama?

Das Konzept mit der Code-Frage „Wo geht’s nach Panama“ wurde 2017 vom Konzertveranstalter FKP Scorpio eingeführt. Ziel ist es, Besucher*innen durch Nennung dieses Code-Satzes in jeder Notsituation einfach und unkompliziert Hilfe anbieten zu können.

Initiative Barrierefrei Feiern
(IBF)

Bundesweites Kollektiv aus Menschen mit Behinderung und ihren Verbündeten, das sich für barrierefreie Kulturangebote einsetzt

Awareness

Mit Awareness ist gemeint, sich Problemen und Konflikten bewusst zu sein. Mit Awareness-Konzepten werden Räume geschaffen, in denen sich alle Menschen wohlfühlen können, weil in diesen Räumen keinerlei Übergriffe oder diskriminierendes Verhalten geduldet werden. Die Definition dessen, was für eine Person oder eine Gruppe übergriffig oder diskriminierend ist, wird dabei nicht in Frage gestellt.

Inklusion

Unter Inklusion versteht man die Akzenptanz, Einbindung und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an einer Gesellschaft.

Abfalltrennung

Richtige Abfalltrennung ist gar nicht so einfach. Ein Beispiel: Ein Pizzakarton besteht zwar aus Karton, und damit Papier. Aber verschmutzt durch Fette und Reste der Pizza gehört er dennoch nicht ins Altpapier, sondern in den Restmüll.

Beim Labor Tempelhof haben wir bei den Nährstoffinseln jeweils zwei Restmülltonnen, eine Bio-Tonne für Speisereste/Lebensmittelabfälle und eine Bio-Tonne für das biologisch abbaubare Geschirr aufgestellt. Zudem wurde ein Müllsack für die Sammlung der PET-Flaschen aufgehängt, die das Publikum mit aufs Gelände bringen durfen.
Der Hintergrund dieser Zusammensetzung, die sich durchaus vom aus dem Alltag bekannten System unterscheidet: Das Einweggeschirr sollte in einem separaten Feldversuch kompostiert werden, denn die industriellen Kompostieranlagen sind in Temperatur und Kompostierzyklen so eingestellt, dass nur Speise- und Lebensmittelreste rückstandslos kompostiert werden. Viele biologisch abbaubare Geschirr-Elemente dagegen nicht. Das heißt nicht, dass dieses Geschirr nicht kompostierbar ist – diesen Nachweis erbrachte das Forschungsprojekt ZirkulierBar bereits, indem zerkleinertes biologisch abbaubares Einweggeschirr dem Prozess der Humus-Kompostierung hinzugefügt wurde. Aber die Kompostierung erfolgt eben bei einer anderen Temperatur und Kompostierdauer als zum Beispiel Gemüseschalen, auf die die Zyklen industrieller Kompostieranlagen ausgelegt sind.

Planetare Grenzen

Planetare Grenzen bestimmen den sicheren Handlungsrahmen für die Menschheit. Werden diese ökologischen Grenzen überschritten, brechen unsere natürlichen Ökosysteme zusammen und die Existenz der Menschheit ist gefährdet. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat neun solcher Grenzen definiert, seit 2022 gelten sechs davon als überschritten.

Ressourcenpositiv

Damit ist gemeint, dass durch den Anbau eines Lebensmittels nicht nur kein Schaden entstand, sondern dadurch sogar etwas „Gutes“ erreicht wurde. Eine Pflanze aus regenerativer Landwirtschaft wurde so angebaut, dass durch den Anbau der Nährstoffgehalt im Boden, die Biodiversität im Anbaugebiet oder die Qualität des Wasser in der Region steigt. Der Anbau der Pflanze hat also einen positiven Einfluss auf alle Ressourcen, die beim Anbau benötigt werden.

Reale Preise

Reale Preise entstehen dann, wenn die bei der Produktion oder beim Konsum eines Produkts entstehenden sogenannten externen Effekte in den Preis eingerechnet werden. In der Regel handelt es sich dabei um negative externe Effekte. Das sind beispielsweise Umweltschäden oder gesundheitliche Schäden, die durch die Produktion oder den Konsum eines bestimmten Produkts entstehen, für die der Versursacher jedoch nicht haftet, sondern in der Regel die Allgemeinheit. In diesem konkreten Beispiel ist gemeint: Den Ressourcenverbrauch und die CO₂-Bilanz, die bei der Produktion einer bestimmten Menge Fleisch anfallen messen, quantifizieren und auf den Preis anrechnen. Viele gesundheits- und umweltschädliche  Produkte würden durch die Berechnung realer Preise deutlich teurer als bisher und in der Regel auch teurer als nachhaltige oder C2C-Produkte.

Cradle Village

Das Cradle-Village war ein mit Pavillions ausgestattetter Bereich zwischen Eingang und Bühne und Teil des Bildungskonzepts rund um Kreislauffähigkeit und C2C. Dort waren verschiedene NGOs vertreten sowie einige C2C-Cases als Bildungsprojekte ausgestellt.

Regenerative Landwirtschaft

Die regenerative Landwirtschaft ist ein agrarwirtschaftlicher Ansatz, der sich auf die Gesundheit von Böden und Pflanzen konzentriert. Ziel ist es, durch den landwirtschaftlichen Anbau gesunden, fruchtbaren Boden aufzubauen, dadurch die Erträge zu steigern und gleichzeitig positive Auswirkungen auf Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe sowie die Biodiversität zu schaffen. Der Ansatz steht der konventionellen Landwirtschaft gegenüber, in der unter anderem durch den Einsatz von Pestiziden, schweren Landmaschinen und Monokulturen die Biodiversität verringert und Böden nachhaltig geschädigt werden. Eine regenerative Landwirtschaft kann eine Biolandwirtschaft vervollständigen, in der zwar auf den Einsatz von Schadstoffen verzichtet wird, die aber oft mit geringeren Erträgen als in der konvnetionellen Landwirtschaft einhergeht.

Biokraftstoffe

Biokraftstoffe sind Kraftstoffe, die aus Biomasse gewonnen werden. Wie umweltfreundlich diese sind hängt auch damit zusammen, ob ihre Rohstoffe in Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie stehen (zum Beispiel Mais) oder ob die Kraftstoffe aus Reststoffen gewonnen werden.

Laststrom-Management

Laststrom-Management wird in intelligenten Stromnetzen betrieben, indem die Auslastung der vorhandenen Infrastruktur verbessert und Energie damit effizienter genutzt wird.

Peak Shaving

MIt Peak Shaving (übersetzt: Lastspitzenkappung) kann die aus Energienetzen gewonnene Leistung verstetigt werden. Zeiträume, in denen besonders viel Leistung zur Verfügung steht (Leistungsspitzen – Peaks) werden gekappt.

Grüner Wasserstoff

Bei grünem Wasserstoff als Kraftstoff wird für die Elektrolyse zur Gewinnung von Wasserstoff erneuerbare statt konventioneller Energie eingesetzt. Er lässt sich vor allem in Regionen sinnvoll erzeugen, in denen genügend erneuerbare Energieträger in Form von Sonne oder Wind zur Verfügung stehen, um die Wasser-Elektrolyse zu betreiben

Batterieverordnung

Mit dieser Verordnung soll unter anderem ein Batteriepass verpflichtend werden, um Anreize für kreislauffähiges Batteriedesign und das Recycling von Batteriebestandteilen zu setzen.

Echter Ökostrom

Mit echtem Ökostrom ist gemeint, dass der Anbieter einen Teil der Einnahmen aus dem Verkauf von Ökostrom in den Neubau von Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Quellen investiert. Dadurch trägt der Anbieter dazu bei, dass sich der Strommix langfristig verbessert und der Anteil erneuerbarer Energie stetig wächst. Solche Anbieter sind durch Labels wie „ok-power“ oder „Grüner Strom“ erkennbar.

Cradle to Cradle

Cradle to Cradle (C2C) ist ein Ansatz für eine Kreislaufwirtschaft, die etwas weiter geht. Anstatt weniger Müll zu erzeugen, weniger Ressourcen zu verbrauchen, weniger Umweltschäden zu verursachen oder nur Klimaneutralität anzustreben, sollen Produkte und Prozesse so gestaltet werden, dass dadurch ein  Mehrwert entsteht. Also ein positiver Einfluss auf das Klima durch einen neuen Umgang mit Ressourcen. Denn wenn wir nur weniger Schäden durch unser Handeln anrichten, zögern wir die Probleme, die wir dadurch verursachen nur zeitlich hinaus, lösen sie aber nicht.

Wir können Klima- und Ressourcenprobleme nur durch positive Ziele dauerhaft lösen. Indem wir unser Handeln konsequent in biologische Kreisläufe integrieren und technische Kreisläufe schaffen, erreichen wir einen wirklichen Mehrwert: ökologisch, ökonomisch und sozial. C2C-Produkte bestehen aus Materialien, die gesund für Mensch und Umwelt sind und in biologischen und technischen Kreisläufen zirkulieren können. Wird ein Material in einem Produkt automatisch verbraucht (zum Beispiel der Abrieb eines Reifens beim Fahren oder Fasern eines T-Shirt, die in der Waschmaschine ausgewaschen werden), dann muss dieses Material auch dafür geeignet sein, in der Umwelt zu landen. Es muss also komplett biologisch abbaubar sein.

Produkte, bei denen das nicht der Fall ist müssen so designt sein, dass all ihre Bestandteile sortenrein getrennt und damit immer wieder verwendet werden können. Entweder direkt, nach einer Aufarbeitung oder durch Recycling, bei dem die Qualität des Materials erhalten wird. Bei der Produktion solcher C2C-Produkte nutzen wir ausschließlich regenerative Energie, erhalten oder verbessern die Qualität von Wasser und Boden und haben faire und menschenwürdige Arbeitsbedingungen.
Geschäftsmodelle wie Produkt-Service-Modelle, Nutznießung oder Leasing tragen dazu bei, Materialien und Produkte im Kreislauf zu halten.

>> Mehr Infos

Kreislaufwirtschaft

Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ umfasst, abgeleitet vom Aktionsplan Circular Economy der EU Kommission, „alle Phasen der Wertschöpfung – von der Produktgestaltung und Produktion bis hin zu Verbrauch, Reparatur, Abfallbewirtschaftung und sekundären Rohstoffen, die in die Wirtschaft zurückgeführt werden.“
Die Transformation unserer heutigen linearen Wirtschaft, (Ressourcen werden der Erde entnommen, genutzt und werden dann überwiegend zu wertlosem Müll) hin zu einer Kreislaufwirtschaft ist ein übergeordnetes politisches Ziel in der EU und in sämtlichen Mitgliedsstaaten – auch in Deutschland. Die Bundesregierung erarbeitet derzeit (Stand Juni 2023) die sogenannte Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, durch die der Bedarf an neu entnommenen Rohstoffen gesenkt werden soll. Eine zirkuläre Wirtschaft und die Ressourcenschonung sollen so einen Beitrag zu Klimaneutralität und Dekarbonisierung leisten.

Beim Labor Tempelhof wurde versucht, möglichst viele Aspekte der Konzerte so zu gestalten, dass Ressourcen im Kreislauf geführt werden oder Anreize dafür gesetzt werden. Im Idealfall bedeutete dies der Einsatz eines C2C-Produkts oder C2C-Prozesses mit positivem Einfluss auf Mensch und Umwelt. Wo das nicht möglich war, wurde eine Alternative gesucht, die nachhaltig im klassichen Sinne ist, also zumindest weniger Schaden anrichtet als eine konventionelle Lösung.

CO2 Kompensation

Organisationen, die Kompensationen für CO2-Emissionen anbieten, können nach dem Standard der UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) zertifiziert werden. Gold Standard ist ein von einem Zusammenschluss von Nichregierungsorganisationen wie dem WWF erarbeiteter Standard, der als anspruchsvollster Standard für freiwilligen Emissionshandel gilt.

Diese Kontakte sind lediglich eine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Auswahl leitet sich davon ab, mit welchen Unternehmen im Rahmen des Projekts Labor Tempelhof zusammengearbeitet wurde oder Kontakt bestand.

Hydrierte Pflanzenöle (HVO)

Hydrierte Pflanzenöle (HVO) sind chemisch in Kohlenwasserstoffe umgewandelte Öle, die so als Kraftstoff eingesetzt werden können. Sie werden als Beimischung oder Ersatz für Diesel-Kraftstoff verwendet und stoßen bis zu 90% weniger CO2 aus als Diesel. Als Rohstoff für HVO können Ölpflanzen, Reststoffe der Agrarindustrie aber auch Altspeiseöle verwendet werden. Werden Reststoffe oder Abfallstoffe eingesetzt, steht die Produktion nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und verursacht in der Produktion geringere CO2-Emissionen. Wird HVO aus Palmöl hergestellt, verschlechtert sich die Treibhausgasbilanz erheblich, weil für den Anbau von Ölpalmen Regenwälder gerodet werden. Bei der Beschaffung sollte also ein Anbieter gewählt werden, der den Ausschluss von primärem Palmöl als Rohstoff garantiert.

atmosfair

Die Kompensation von CO2-Emissionen ist keine ausreichende Strategie, um die Ziele des Pariser Klimabkommens zu erreichen und erst recht nicht, um klimapositives Handeln zu erzielen. Der Anbieter atmosfair weißt auf seiner Webseite genau darauf hin und regt so zu aktivem Handeln an. Die von atmosfair unterstützten Klimaschutzprojekte sind größtenteils doppelt zertifiziert: Unter dem Standard der UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) und unter Gold Standard (von einem Zusammenschluss von NGOS wie dem WWF erarbeiteter Standard, der als anspruchsvollster Standard für freiwilligen Emissionshandel gilt). Bei der Mittelverwendung ist atmosfair transparent und unterstützt nach eigenen Angaben nur Projekte, die neben dem CO2-Aspekt auch andere wichtige Aspekte des Umweltschutzes berücksichtigen.

Labor Tempelhof

Die Labor Tempelhof-Konzerte fanden unter bestimmten Rahmenbedingungen statt: Der Flughafen Tempelhof als Open Air-Location mitten in Berlin, 60.000 Besuchende pro Konzert und volle Unterstützung der beteiligten Bands. Lösungen, die in diesem Szenario umsetzbar und sinnvoll waren, sind unter anderen Rahmenbedingungen vielleicht nicht sinnvoll oder möglich. Umgekehrt gilt: Manche gute C2C-Idee war für diese Größenordnung nicht skalierbar, funktioniert aber unter anderen Rahmenbedingungen. Daher sind die in diesem Guidebook beschriebenen Ziele und die davon abgeleiteten Maßnahmen keine universell gültige Checkliste, sondern zeigen Möglichkeiten und die richtigen Fragestellungen für eine möglichst klima- und ressourcenpositive Veranstaltung auf.