Soziale Aspekte

Inhalt

Illustration Weltkugel, drei Personen kleben Herzen drauf
Große Fahne mit Rollstuhl Podest Zeichen
Plakat 'Unsicher? bedroht? bedränkt? Dann Frag nach Panama!'
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1. Allgemein & Problemstellung

Wusstest du, dass…

…2019 auf den 5 größten Festivals Deutschlands lediglich 10,2 % der Headline-Slots einen Frauenanteil hatten?37

Mentale Gesundheit, Diversität, Barrierefreiheit und Awareness sind nicht nur gesellschaftlich relevante Themen sondern gewinnen auch im Veranstaltungskontext immer mehr an Bedeutung:

Die Möglichkeiten der Verbesserung sind vielfältig, egal ob im Bereich Schutz von Arbeitnehmer*innen, Sichtbarkeit marginalisierter Personen auf der Bühne, Einhaltung von Menschenrechten in den Lieferketten eingesetzter Produkte oder Inklusion und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Weitere soziale Aspekte können sein: ein Veranstaltungsmanagement, das Verantwortung für sein Publikum übernimmt und ein entsprechendes Awareness-Konzept umsetzt, sowie die Wertschöpfung für den Standort erhöht durch Einbezug der regionalen Unternehmen und Initiativen.

Momentan gibt es noch keinen Code Of Conduct oder Leitfaden zur Durchführung einer möglichst sozial nachhaltigen Veranstaltung, es ist den jeweiligen Veranstaltenden selbst überlassen, welche Maßnahmen über gesetzliche Mindeststandards hinaus umgesetzt werden.

Fazit: Egal wie groß eine Veranstaltung ist, der Einbezug von sozialen Aspekten muss immer erfolgen.

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zwei Personen befüllen ihre Wasserbehälter mit Trinkwasser
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2. Unsere Messlatte für Labor Tempelhof

Eine Veranstaltung mit einem durchdachten Nachhaltigkeitskonzept beinhaltet immer auch die soziale Nachhaltigkeit: 

  • Ganzheitliches Inklusionskonzept erstellen: Kann nur gemeinsam mit Menschen mit Behinderung erarbeitet werden. Im Idealfall als Teil des Kernteams.
  • Awareness-Konzept vor Ort für Publikum und im Backstage-Bereich.
  • Transparente Informationen zu den ergriffenen Maßnahmen und dazu, in welchen Bereichen noch Barrieren abgebaut werden können.
  • Kostenloses Trinkwasser für alle.
  • Berücksichtigung von Diversität auf und hinter der Bühne.
  • Selbstverständlich: Kein Platz für Rassismus, Faschismus, Sexismus, Homo- oder Transphobie oder Anti-Semitismus und dies offen kommunizieren sowie eine Infrastruktur bereitstellen für den Umgang mit möglichen Vorfällen vor Ort.

3. Was lief gut, was geht besser?

Beim Labor Tempelhof wurden verschiedene Maßnahmen für soziale Nachhaltigkeit ergriffen:

Barrierefreiheit

Was lief gut?

  • Sensibilisierung des Projektteams durch eine Basisschulung der Initiative Barrierefrei Feiern (IBF) sowie fortlaufender Austausch, um möglichst viele Aspekte der Barrierefreiheit vor und während der Veranstaltung zu berücksichtigen.
  • Vor der Veranstaltung wurde mithilfe einer eigens eingerichteten E-Mail-Adresse (barrierefrei@loft.de) sowie einem ausführlichen Barrierefreiheits-FAQ so gut wie möglich über die Barrierefreiheit der Veranstaltung informiert.
  • Ausreichend Parkplätze für Menschen mit Behinderung sowie barrierefreie Einlässe mit gebrieftem Personal.
  • Ansprechpersonen für Menschen mit Behinderung vor Ort mit bis zu vier Mitarbeitenden der Initiative Barrierefrei Feiern.
  • Zwei zusätzlich durch die Initiative Barrierefrei Feiern betreute Kommunikationskanäle während der Konzerte: eine Hotline und eine WhatsApp-Gruppe für die Kommunikation vor Ort. 
  • Barrierefreie Toiletten, erhöhte Podeste und eine gewisse Anzahl an Tribünen-Sitzplätzen ausschließlich für Menschen mit Behinderung.
  • Barrierearme Gestaltung der Webseiten zu Labor Tempelhof und des Guidebooks, u. A. durch die Auswahl der Farben und Schriften, Seitenstrukturierung und Responsiveness.

Was geht besser?

  • Menschen mit Behinderung dauerhaft in das Kernteam einbinden, um die internen Prozesse langfristig inklusiv zu gestalten. 
  • Noch umfangreichere Maßnahmen umsetzen (z. B. Barriefreiheits-FAQ in Leichter Sprache).
  • Bessere Ausschilderung vor Ort (insbesondere barrierefreier Einlass/Auslass).
  • Mehr Gewerke im Vorfeld für die soziale Dimension und das Thema Barrierefreiheit sensibilisieren. Beispielsweise durch Schulungen oder Workshops, insbesondere das Security Personal.

Anti-Diskriminierung und Awareness

Was lief gut?

  • Umsetzung des Awareness-Konzepts “Wo geht’s nach Panama?” 38 – als Anlaufstelle vor Ort für Besucher*innen, die übergriffiges Verhalten, Belästigungen oder anderes unangebrachtes Verhalten erfahren.
  • Umfassendes mündliches und schriftliches Briefing aller örtlichen Gewerke und Einbindung von Gastronomie, Sicherheitspersonal und Produktion.
  • Information für das Publikum über Awareness-Konzept vor Ort über zahlreiche Informationsplakate.

Was geht besser?

  • Berücksichtigung eines diversen Lineups (Support-Acts) – beim Labor Tempelhof standen leider keine der angefragten FLINTA*-Bands zur Verfügung.
  • Die Mitarbeitenden, die Teil des Awareness-Konzeptes waren, besser kennzeichen.
  • Vernetzung zwischen den Teams Awareness und Inklusion sicherstellen. 

Sonstiges

Was lief gut?

  • Kostenloses Trinkwasser an sechs Ausgabestellen für Publikum und Produktion.
  • NGOs (teils als Teil der Tour) vor Ort: Viva Con Agua, Oxfam, Mission Lifeline, Sea Watch, Kein Bock auf Nazis.
  • Gästelistenspenden an zwei verschiedene NGOs.
  • Einhaltung der gesetzlichen Standards zu Arbeits- und Pausenzeiten, u. a. durch einen Arbeitsschutzbeauftragten.
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mehrere Personen auf Rollstuhlplanke
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4. Erkenntnisse & Empfehlungen

  • Rund um das Thema Barrierefreiheit wurden mehr als 1.000 direkte Besucher*innen-Kontakte vor Ort sowie mehr als 1.000 Anfragen per E-Mail oder Telefon vor dem Event registriert.
    • Ausreichend Vorlaufzeit und ausreichend Personal für das Barrierefreiheitsteam einplanen.
    • Bei der Personalplanung bedenken, dass der Großteil der Anfragen kurz vor der Veranstaltung eingeht.

  • Die Armbänder, die zur Kennzeichnung der Awareness-Personen verwendet wurden, waren vor allem bei Regen häufig durch die Kleidung verdeckt.
    • Über Alternativen nachdenken, wie z. B. Buttons oder Aufkleber.

  • Berücksichtigung von regionalen Wertschöpfungsketten vor allem bei Großveranstaltungen aufgrund von fehlender Skalierbarkeit schwierig.
    • Insbesondere bei kleineren Veranstaltungen ist es einfacher mit regionalen Partner*innen zusammenzuarbeiten.

  • Viele Menschen können sich Eintrittspreise für Kulturveranstaltungen nicht leisten.
    • Die Teilhabe kann unabhängig vom Einkommen durch sogenanntes social ticketing ermöglicht werden.

  • In der Musikbranche wird Barrierefreiheit oftmals nur sehr eng definiert. Zum Beispiel, indem die Teilhabe von Menschen mit einer sichtbaren Behinderung ermöglicht wird (Rollstuhlfahrende).
    • Denkt über diesen Tellerrand hinaus. Es gibt zum Beispiel bereits Erfahrungen mit dem Einsatz von Gebärdendolmetscher*innen bei Veranstaltungen.
    • Ein weiterer Ansatz ist, Informationen auf Webseiten für Veranstaltungen für sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen. 
    • Das Thema Inklusion insgesamt auch durch Bands/Künstler*innen auf der Bühne ansprechen. 

5. Kontakte Dienstleister*innen

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Plakat 'Wo geht's nach Panama?'
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6. Weitere Inspiration aus der Branche

Das PULS Open Air (Kapazität 12.000) auf Schloss Kaltenberg setzt seit der ersten Ausgabe 2016 einen Schwerpunkt auf Inklusion: Das Veranstaltungsteam wurde im Rahmen von Fortbildungen geschult und hat gemeinsam mit Expert*innen der Initiative Barrierefrei Feiern ein Barrierefreiheits- und Inklusionskonzept für das Festival erstellt und umgesetzt. Es reicht vom Ticketkauf über die Webseite und dort detailliert bereitgestellte Informationen zur Anreise und dem Gelände und seinen Gegebenheiten (Parkplätze, Camping) bis hin zur persönlichen Unterstützung vor Ort. Alles bei dem Festival ist möglichst barrierefrei gestaltet. Das PULS Open Air achtet daneben zudem auf ein ausgewogenes Lineup, bei dem zuletzt über 50 % der Acts weibliche Beteiligung hatten.39

Die Band Kochkraft durch KMA und das Label Ladies&Ladys haben als kreative Antwort auf das seit Jahren männlich-dominierte Lineup großer deutscher Musikfestivals einen Sampler namens “Cock Am Ring” veröffentlicht. Hierauf covern 24 Acts (mit großem FLINTA*-Anteil) die Songs der Männerbands, die im Lineup von “Rock Am Ring” zu finden sind oder waren.40

H.I.T.-Dünger

Humusdünger aus Inhalten von Trockentoiletten.

NPK-Dünger

Flüssigdünger, der die Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K) enthält.

900 Tonnen CO₂-Emissionen

Das entspricht entweder 900 Flügen von Frankfurt nach New York oder 297.000 Kilometer Fahrt mit einem Benzin-Auto.

CO2-Streamer

Vorrichtung, bei der CO₂ in die Luft geschleudert wird, wodurch weißer Nebel entsteht.

C2C-Qualität

Das bedeutet, dass wir bei der Beschaffung Produkte priorisiert haben, die C2C entsprechen und damit materialgesund und kreislauffähig sind. Ein Beispiel dafür waren PVC-freie Banner.

Textilien in Cradle to Cradle-Qualität

Das bedeutet, dass die Textilien kreislauffähig und materialgesund sind. Das Textil ist recycelbar und die beim Waschvorgang ausgewaschene Fasern unschädlich für die Umwelt. Neben dem Gewebe sind auch auch Farbstoffe, Druckfarbe und bei der Produktion verwendete Prozesschemikalien auf Materialgesundheit optimiert. Bei der Herstellung werden soziale Standards eingehalten und erneuerbare Energie verwendet.

Textilmaterialien

Ein Großteil aller heute hergestellten und verkauften Kleidungsstücke besteht aus synthetischen Fasern. Alleine Polyester hat einen Marktanteil von rund 50 %. Und auch Textilien aus Naturfasern, also Fasern aus nachwachsenden Rohstoffen, sind in der Regel mit umweltschädlichen Farben gefärbt oder bedruckt. Bei der Herstellung kommen zudem chemische Stoffe, zum Beispiel zur Fixierung der Farben, zum EInsatz, die nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit der Menschen gefährden, die in der Herstellung arbeiten. Ob ein Kleidungsstück also wirklich nachhaltig ist, hängt nicht alleine vom Gewebe ab, sondern auch von allen anderen verwendeten Materialien. Denn bei jedem Waschgang verliert das Kleidungsstück automatisch tausende Mikrofasern, die dann in den Gewässern landen. Und genau dafür müssen diese Fasern dann auch geeignet sein. Das bedeutet: Egal, ob das Gewebe synthetisch hergestellt oder aus Naturfasern ist – es dürfen bei der Textilproduktion ausschließlich Materialien eingesetzt werden, die dafür geeignet sind, dass wir Menschen bei der Herstellung und beim Tragen mit ihnen in Berührung kommen und die biologisch abbaubar sind, wenn sie als ausgewaschene Faser in der Umwelt landen. Nach diesem Prinzip sind C2C-Textilien designt.

Phosphorgewinnung

Ab 2029 sind Kläranlagen – je nach Größe der versorgten Gemeinde – dazu verpflichtet, Phosphor aus Abwasser, Klärschlamm oder Klärschlammasche zurückzugewinen.

C2C Zertifizierung

Die Zertifizierung nach den Kriterien von Cradle to Cradle wird vom Products Innovation Institute (PII) mit Sitz in San Francisco und Amsterdam durchgeführt. Die Organisation zertifiziert Produkte anhand von fünf Kriterien, in denen jeweils vier unterschiedliche Levels erreicht werden können. Das PII und Cradle to Cradle NGO sind voneinader unabhängige Organisationen.

Osmosefilter

In der Anlage wird Grauwasser zunächst auf biologischer Basis gereinigt, dann durch eine Bio-Membranfilter gepresst, die das Wasser beinahe vollständig von Feststoffen, Viren und Bakterien befreit. Der letzte Schritt ist eine Ultrafiltration, die eine nahezu 100%ige Keimfreiheit sichert.

>> weitere Infos zum Osmosefilter

Schwarz- und Grauwasser

Schwarz- und Grauwasser sind unterschiedliche Kategorien von Schmutzwasser. Unter Schwarzwasser versteht man fäkalienbelastetes Wasser. Grauwasser ist gering verschmutztes, fäkalienfreies Wasser, wie Regenwasser oder das Abwasser aus Handwaschbecken.

Euro-Norm

Die Euro-Norm legt als europäische Abgasnorm Grenzwerte für die Emission von Luftschadstoffen fest. Sie werden in Europa von der EU definiert. Die Einhaltung wird bei der Typgenehmigung neuer Fahrzeuge im Labor und bei Lkw und Bussen auch im Realbetrieb gemessen und kontrolliert. Bei Pkw ist seit Januar 2021 Euro 6d die strengste Norm, bei Lkw (über 3,5 Tonnen Euro VI. Während die Abgasnorm Grenzwerte für Kohlenstoffmonoxid, Stickstoffoxide sowie Partikelmasse und -zahl festlegt, sagt sie nichts über die CO2-Emissionen eines Fahrzeugs aus. Diese werden für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in einer gesonderten EU-Verordnung definiert.

Leichte Sprache

Leichte Sprache ist eine einfachere und weniger komplexe Form der Alltagssprache. Die richtet sich an Menschen, denen es schwer fällt, einen Text in Alltagssprache zu lesen oder zu verstehen. In Texten in leichter Sprache kommen beispielsweise keine Fremdwörter oder Abkürzungen vor. Das Regelwerk wird vom Netzwerk Leichte Sprache herausgegeben.

Weichmacher

Sogenannte Weichmacher werden unter anderem Kunststoffen, Lacken, Klebestoffen oder bei der Textilveredelung zugesetzt, um spröde Materialien weich und geschmeidig zu machen. Viele als Weichmacher eingesetzten Stoffe gelten mit Blick auf ihre Wirkung für die Umwelt und die Gesundheit als bedenklich. In Verpackungen können neben Weichmachern auch andere Schadstoffe enthalten sein, die bis zu bestimmten Grenzwerten eingesetzt werden dürfen und die Kreislauffähigkeit des Materials verindern.

PVC

PVC (Polyvinylchlorid) ist ein Kunststoffpolymer und wird als Hart-PVC (Abflussrohre, Fensterprofile, etc.) sowie als Weich-PVC hergestellt. Weich-PVC wird für Bodenbeläge, Folien, Kinderspielzeug, Schläuche, Kabelummantelungen, Dichtungen uvm. eingesetzt und besteht zu bis zu 40 % aus teilweise schädlichen Weichmachern, die bei Produktion und Nutzung der Produkte an Mensch und Umwelt abgegeben werden. PVC ist aufgrund der vielen Zusatzstoffe kaum recycelbar und wird in der Regel verbrannt (thermische Verwertung), wobei giftige Dioxine entstehen.

Canceln

Als Canceln (Cancel Culture) bezeichnet man das Ausschließen von Personen oder Organisationen, denen unter anderem beleidigende, diskriminierende oder rassistische Aussagen oder Taten vorgeworfen werden. Der Begriff wird auch von Personen verwendet, denen dieses Verhalten vorgeworfen wird. Der Begriff und die dahinter stehenden Handlungen werden öffentlich stark diskutiert, siehe hier und hier.

Sir David Attenborough

Sir David Attenborough ist ein britischer Naturforscher, Schriftsteller und Tierfilmer, der vor allem für seine vielfach preisgekrönten Naturdokumentationen bekannt ist.

Social ticketing

Mit social ticketing ist gemeint, dass unterschiedliche Preiskategorien für eine Veranstaltung angeboten werden, angepasst an die jeweiligen finanziellen Verhältnisse.

FLINTA*

FLINTA* steht für: Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen. Der * bezieht als Platzhalter alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten ein.

Wo gehts nach Panama?

Das Konzept mit der Code-Frage „Wo geht’s nach Panama“ wurde 2017 vom Konzertveranstalter FKP Scorpio eingeführt. Ziel ist es, Besucher*innen durch Nennung dieses Code-Satzes in jeder Notsituation einfach und unkompliziert Hilfe anbieten zu können.

Initiative Barrierefrei Feiern
(IBF)

Bundesweites Kollektiv aus Menschen mit Behinderung und ihren Verbündeten, das sich für barrierefreie Kulturangebote einsetzt

Awareness

Mit Awareness ist gemeint, sich Problemen und Konflikten bewusst zu sein. Mit Awareness-Konzepten werden Räume geschaffen, in denen sich alle Menschen wohlfühlen können, weil in diesen Räumen keinerlei Übergriffe oder diskriminierendes Verhalten geduldet werden. Die Definition dessen, was für eine Person oder eine Gruppe übergriffig oder diskriminierend ist, wird dabei nicht in Frage gestellt.

Inklusion

Unter Inklusion versteht man die Akzenptanz, Einbindung und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an einer Gesellschaft.

Abfalltrennung

Richtige Abfalltrennung ist gar nicht so einfach. Ein Beispiel: Ein Pizzakarton besteht zwar aus Karton, und damit Papier. Aber verschmutzt durch Fette und Reste der Pizza gehört er dennoch nicht ins Altpapier, sondern in den Restmüll.

Beim Labor Tempelhof haben wir bei den Nährstoffinseln jeweils zwei Restmülltonnen, eine Bio-Tonne für Speisereste/Lebensmittelabfälle und eine Bio-Tonne für das biologisch abbaubare Geschirr aufgestellt. Zudem wurde ein Müllsack für die Sammlung der PET-Flaschen aufgehängt, die das Publikum mit aufs Gelände bringen durfen.
Der Hintergrund dieser Zusammensetzung, die sich durchaus vom aus dem Alltag bekannten System unterscheidet: Das Einweggeschirr sollte in einem separaten Feldversuch kompostiert werden, denn die industriellen Kompostieranlagen sind in Temperatur und Kompostierzyklen so eingestellt, dass nur Speise- und Lebensmittelreste rückstandslos kompostiert werden. Viele biologisch abbaubare Geschirr-Elemente dagegen nicht. Das heißt nicht, dass dieses Geschirr nicht kompostierbar ist – diesen Nachweis erbrachte das Forschungsprojekt ZirkulierBar bereits, indem zerkleinertes biologisch abbaubares Einweggeschirr dem Prozess der Humus-Kompostierung hinzugefügt wurde. Aber die Kompostierung erfolgt eben bei einer anderen Temperatur und Kompostierdauer als zum Beispiel Gemüseschalen, auf die die Zyklen industrieller Kompostieranlagen ausgelegt sind.

Planetare Grenzen

Planetare Grenzen bestimmen den sicheren Handlungsrahmen für die Menschheit. Werden diese ökologischen Grenzen überschritten, brechen unsere natürlichen Ökosysteme zusammen und die Existenz der Menschheit ist gefährdet. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat neun solcher Grenzen definiert, seit 2022 gelten sechs davon als überschritten.

Ressourcenpositiv

Damit ist gemeint, dass durch den Anbau eines Lebensmittels nicht nur kein Schaden entstand, sondern dadurch sogar etwas „Gutes“ erreicht wurde. Eine Pflanze aus regenerativer Landwirtschaft wurde so angebaut, dass durch den Anbau der Nährstoffgehalt im Boden, die Biodiversität im Anbaugebiet oder die Qualität des Wasser in der Region steigt. Der Anbau der Pflanze hat also einen positiven Einfluss auf alle Ressourcen, die beim Anbau benötigt werden.

Reale Preise

Reale Preise entstehen dann, wenn die bei der Produktion oder beim Konsum eines Produkts entstehenden sogenannten externen Effekte in den Preis eingerechnet werden. In der Regel handelt es sich dabei um negative externe Effekte. Das sind beispielsweise Umweltschäden oder gesundheitliche Schäden, die durch die Produktion oder den Konsum eines bestimmten Produkts entstehen, für die der Versursacher jedoch nicht haftet, sondern in der Regel die Allgemeinheit. In diesem konkreten Beispiel ist gemeint: Den Ressourcenverbrauch und die CO₂-Bilanz, die bei der Produktion einer bestimmten Menge Fleisch anfallen messen, quantifizieren und auf den Preis anrechnen. Viele gesundheits- und umweltschädliche  Produkte würden durch die Berechnung realer Preise deutlich teurer als bisher und in der Regel auch teurer als nachhaltige oder C2C-Produkte.

Cradle Village

Das Cradle-Village war ein mit Pavillions ausgestattetter Bereich zwischen Eingang und Bühne und Teil des Bildungskonzepts rund um Kreislauffähigkeit und C2C. Dort waren verschiedene NGOs vertreten sowie einige C2C-Cases als Bildungsprojekte ausgestellt.

Regenerative Landwirtschaft

Die regenerative Landwirtschaft ist ein agrarwirtschaftlicher Ansatz, der sich auf die Gesundheit von Böden und Pflanzen konzentriert. Ziel ist es, durch den landwirtschaftlichen Anbau gesunden, fruchtbaren Boden aufzubauen, dadurch die Erträge zu steigern und gleichzeitig positive Auswirkungen auf Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe sowie die Biodiversität zu schaffen. Der Ansatz steht der konventionellen Landwirtschaft gegenüber, in der unter anderem durch den Einsatz von Pestiziden, schweren Landmaschinen und Monokulturen die Biodiversität verringert und Böden nachhaltig geschädigt werden. Eine regenerative Landwirtschaft kann eine Biolandwirtschaft vervollständigen, in der zwar auf den Einsatz von Schadstoffen verzichtet wird, die aber oft mit geringeren Erträgen als in der konvnetionellen Landwirtschaft einhergeht.

Biokraftstoffe

Biokraftstoffe sind Kraftstoffe, die aus Biomasse gewonnen werden. Wie umweltfreundlich diese sind hängt auch damit zusammen, ob ihre Rohstoffe in Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie stehen (zum Beispiel Mais) oder ob die Kraftstoffe aus Reststoffen gewonnen werden.

Laststrom-Management

Laststrom-Management wird in intelligenten Stromnetzen betrieben, indem die Auslastung der vorhandenen Infrastruktur verbessert und Energie damit effizienter genutzt wird.

Peak Shaving

MIt Peak Shaving (übersetzt: Lastspitzenkappung) kann die aus Energienetzen gewonnene Leistung verstetigt werden. Zeiträume, in denen besonders viel Leistung zur Verfügung steht (Leistungsspitzen – Peaks) werden gekappt.

Grüner Wasserstoff

Bei grünem Wasserstoff als Kraftstoff wird für die Elektrolyse zur Gewinnung von Wasserstoff erneuerbare statt konventioneller Energie eingesetzt. Er lässt sich vor allem in Regionen sinnvoll erzeugen, in denen genügend erneuerbare Energieträger in Form von Sonne oder Wind zur Verfügung stehen, um die Wasser-Elektrolyse zu betreiben

Batterieverordnung

Mit dieser Verordnung soll unter anderem ein Batteriepass verpflichtend werden, um Anreize für kreislauffähiges Batteriedesign und das Recycling von Batteriebestandteilen zu setzen.

Echter Ökostrom

Mit echtem Ökostrom ist gemeint, dass der Anbieter einen Teil der Einnahmen aus dem Verkauf von Ökostrom in den Neubau von Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Quellen investiert. Dadurch trägt der Anbieter dazu bei, dass sich der Strommix langfristig verbessert und der Anteil erneuerbarer Energie stetig wächst. Solche Anbieter sind durch Labels wie „ok-power“ oder „Grüner Strom“ erkennbar.

Cradle to Cradle

Cradle to Cradle (C2C) ist ein Ansatz für eine Kreislaufwirtschaft, die etwas weiter geht. Anstatt weniger Müll zu erzeugen, weniger Ressourcen zu verbrauchen, weniger Umweltschäden zu verursachen oder nur Klimaneutralität anzustreben, sollen Produkte und Prozesse so gestaltet werden, dass dadurch ein  Mehrwert entsteht. Also ein positiver Einfluss auf das Klima durch einen neuen Umgang mit Ressourcen. Denn wenn wir nur weniger Schäden durch unser Handeln anrichten, zögern wir die Probleme, die wir dadurch verursachen nur zeitlich hinaus, lösen sie aber nicht.

Wir können Klima- und Ressourcenprobleme nur durch positive Ziele dauerhaft lösen. Indem wir unser Handeln konsequent in biologische Kreisläufe integrieren und technische Kreisläufe schaffen, erreichen wir einen wirklichen Mehrwert: ökologisch, ökonomisch und sozial. C2C-Produkte bestehen aus Materialien, die gesund für Mensch und Umwelt sind und in biologischen und technischen Kreisläufen zirkulieren können. Wird ein Material in einem Produkt automatisch verbraucht (zum Beispiel der Abrieb eines Reifens beim Fahren oder Fasern eines T-Shirt, die in der Waschmaschine ausgewaschen werden), dann muss dieses Material auch dafür geeignet sein, in der Umwelt zu landen. Es muss also komplett biologisch abbaubar sein.

Produkte, bei denen das nicht der Fall ist müssen so designt sein, dass all ihre Bestandteile sortenrein getrennt und damit immer wieder verwendet werden können. Entweder direkt, nach einer Aufarbeitung oder durch Recycling, bei dem die Qualität des Materials erhalten wird. Bei der Produktion solcher C2C-Produkte nutzen wir ausschließlich regenerative Energie, erhalten oder verbessern die Qualität von Wasser und Boden und haben faire und menschenwürdige Arbeitsbedingungen.
Geschäftsmodelle wie Produkt-Service-Modelle, Nutznießung oder Leasing tragen dazu bei, Materialien und Produkte im Kreislauf zu halten.

>> Mehr Infos

Kreislaufwirtschaft

Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ umfasst, abgeleitet vom Aktionsplan Circular Economy der EU Kommission, „alle Phasen der Wertschöpfung – von der Produktgestaltung und Produktion bis hin zu Verbrauch, Reparatur, Abfallbewirtschaftung und sekundären Rohstoffen, die in die Wirtschaft zurückgeführt werden.“
Die Transformation unserer heutigen linearen Wirtschaft, (Ressourcen werden der Erde entnommen, genutzt und werden dann überwiegend zu wertlosem Müll) hin zu einer Kreislaufwirtschaft ist ein übergeordnetes politisches Ziel in der EU und in sämtlichen Mitgliedsstaaten – auch in Deutschland. Die Bundesregierung erarbeitet derzeit (Stand Juni 2023) die sogenannte Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, durch die der Bedarf an neu entnommenen Rohstoffen gesenkt werden soll. Eine zirkuläre Wirtschaft und die Ressourcenschonung sollen so einen Beitrag zu Klimaneutralität und Dekarbonisierung leisten.

Beim Labor Tempelhof wurde versucht, möglichst viele Aspekte der Konzerte so zu gestalten, dass Ressourcen im Kreislauf geführt werden oder Anreize dafür gesetzt werden. Im Idealfall bedeutete dies der Einsatz eines C2C-Produkts oder C2C-Prozesses mit positivem Einfluss auf Mensch und Umwelt. Wo das nicht möglich war, wurde eine Alternative gesucht, die nachhaltig im klassichen Sinne ist, also zumindest weniger Schaden anrichtet als eine konventionelle Lösung.

CO2 Kompensation

Organisationen, die Kompensationen für CO2-Emissionen anbieten, können nach dem Standard der UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) zertifiziert werden. Gold Standard ist ein von einem Zusammenschluss von Nichregierungsorganisationen wie dem WWF erarbeiteter Standard, der als anspruchsvollster Standard für freiwilligen Emissionshandel gilt.

Diese Kontakte sind lediglich eine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Auswahl leitet sich davon ab, mit welchen Unternehmen im Rahmen des Projekts Labor Tempelhof zusammengearbeitet wurde oder Kontakt bestand.

Hydrierte Pflanzenöle (HVO)

Hydrierte Pflanzenöle (HVO) sind chemisch in Kohlenwasserstoffe umgewandelte Öle, die so als Kraftstoff eingesetzt werden können. Sie werden als Beimischung oder Ersatz für Diesel-Kraftstoff verwendet und stoßen bis zu 90% weniger CO2 aus als Diesel. Als Rohstoff für HVO können Ölpflanzen, Reststoffe der Agrarindustrie aber auch Altspeiseöle verwendet werden. Werden Reststoffe oder Abfallstoffe eingesetzt, steht die Produktion nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und verursacht in der Produktion geringere CO2-Emissionen. Wird HVO aus Palmöl hergestellt, verschlechtert sich die Treibhausgasbilanz erheblich, weil für den Anbau von Ölpalmen Regenwälder gerodet werden. Bei der Beschaffung sollte also ein Anbieter gewählt werden, der den Ausschluss von primärem Palmöl als Rohstoff garantiert.

atmosfair

Die Kompensation von CO2-Emissionen ist keine ausreichende Strategie, um die Ziele des Pariser Klimabkommens zu erreichen und erst recht nicht, um klimapositives Handeln zu erzielen. Der Anbieter atmosfair weißt auf seiner Webseite genau darauf hin und regt so zu aktivem Handeln an. Die von atmosfair unterstützten Klimaschutzprojekte sind größtenteils doppelt zertifiziert: Unter dem Standard der UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) und unter Gold Standard (von einem Zusammenschluss von NGOS wie dem WWF erarbeiteter Standard, der als anspruchsvollster Standard für freiwilligen Emissionshandel gilt). Bei der Mittelverwendung ist atmosfair transparent und unterstützt nach eigenen Angaben nur Projekte, die neben dem CO2-Aspekt auch andere wichtige Aspekte des Umweltschutzes berücksichtigen.

Labor Tempelhof

Die Labor Tempelhof-Konzerte fanden unter bestimmten Rahmenbedingungen statt: Der Flughafen Tempelhof als Open Air-Location mitten in Berlin, 60.000 Besuchende pro Konzert und volle Unterstützung der beteiligten Bands. Lösungen, die in diesem Szenario umsetzbar und sinnvoll waren, sind unter anderen Rahmenbedingungen vielleicht nicht sinnvoll oder möglich. Umgekehrt gilt: Manche gute C2C-Idee war für diese Größenordnung nicht skalierbar, funktioniert aber unter anderen Rahmenbedingungen. Daher sind die in diesem Guidebook beschriebenen Ziele und die davon abgeleiteten Maßnahmen keine universell gültige Checkliste, sondern zeigen Möglichkeiten und die richtigen Fragestellungen für eine möglichst klima- und ressourcenpositive Veranstaltung auf.